Starker Auftakt der Haller Schachdamen beim Online-Mannschafts-Europacup: in den ersten drei Runden gab es gegen die nominell stärksten Konkurrenten der Vorrundengruppe E ein Unentschieden und zwei Siege. Am morgigen Sonntag werden die restlichen 4 Runden gespielt, in denen sich entscheidet, wer die ersten beiden Plätze in der Vorrundengruppe E belegt und sich damit für die Finalrunde am Montag und Dienstag qualifiziert. Aktuell liegt man zwar nur auf Platz 4, das liegt aber daran, dass man ein Spiel weniger als die Mannschaften auf den ersten beiden Plätzen absolviert hat – bei 9 Mannschaften ist immer eine Mannschaft spielfrei.
Zunächst mussten sich alle Teilnehmer erstmal an die recht neue Turnierplattform Tornelo gewöhnen, da es in den letzten Tagen aber zwei Testevents und ein Captains-Meeting gab, lief doch alles zumindest aus Zuschauersicht reibungslos. Verfolgen konnte man die Partien direkt auf Tornelo, später am Nachmittag funktionierte dann auch die Übertragung bei Chess24. Außerdem konnte man im zugehörigen Zoom-Call einen Blick auf die “Arbeitsplätze” der Spielerinnen werfen, alle mussten mit Webcam spielen, um eventuelle Betrugsversuche, die ja gerade beim Onlineschach ein großes Thema sind, so weit wie möglich zu verhindern. Dazu gab es noch einen Livekommentar auf der Gamer-Plattform Twitch (siehe Titelbild dieses Beitrags) von GM Marcin Tazbir (POL) und WGM Keti Tsatsalashvili (GEO), der nicht, wie der Bildhintergrund vermuten läßt, aus Monaco, sondern aus Polen kam. Die Partien der Schwäbisch Haller Damen waren im Livekommentar auch sehr präsent, ging es doch in den ersten Runden direkt gegen die nominell stärksten Teams. Die Georgierin tat sich richtig schwer mit der Aussprache des Namens “Schwäbisch Hall”, dafür hatte sie kein Problem mit den Namen der Haller Spielerinnen, mit Lela Javakhishvili und Meri Arabidze sind ja die ersten beiden Bretter mit Georgierinnen besetzt, sie erwähnte auch, dass Schwäbisch Hall ja quasi ein fast georgisches Team ist, spielen doch in der Frauenbundesliga mit Nino Batsiashvili (verhindert aufgrund ihrer Turnierteilnahme in Spanien und des dortigen schwachen Hotel-Internets), Bela Kotenashvili und Sopiko Guramishvili noch drei weitere georgische Topspielerinnen für Schwäbisch Hall.
Gerade mit dem in den letzten Monaten steil ansteigenden Interesse gerade auch am Onlineschach ist die Europacup-Teilnahme eine tolle Werbung für den Schach-Standort und die Region Schwäbisch Hall.
In der ersten Runde war Schwäbisch Hall spielfrei, aber in der zweiten Runde ging es gleich richtig zu Sache: schon früh kam es zum Gipfeltreffen der beiden nominell stärksten Mannschaften der Gruppe, nämlich dem SK Schwäbisch Hall und dem Team aus dem französischen Clichy. Am Ende gab es ein für das französische Team etwas glückliches 2-2. Lilit Mkrtchian hatte Schwäbisch Hall durch ihren Sieg gegen die Ex-Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk in Führung gebracht, Sara Khademalsharieh glich gegen Lela Javakhishvili aus. In letzter Partie vermuteten die Kommentatoren einen Übertragungsfehler, konnten sie sich doch nicht vorstellen, dass die Iranerin ein Matt in einem Zug übersehen hatte, aber offenbar war es wirklich so. Am Ergebnis änderte das aber nichts, Khademalsharieh gewann später im Turmendspiel. Den Sieg für Schwäbisch Hall verpasste Meri Arabidze gegen Alina Kashlinksaya, die diesmal nicht für Schwäbisch Hall, sondern für den Gegner an den Start ging. Meri hatte die Europameisterin völlig überspielt, übersah aber einen letzten Trick im Endspiel, mit dem sich Alina in ein Endspiel Turm gegen Turm und Läufer rettete, das sie mit Hilfe der 50-Züge-Regel remis halten konnte.
In der 3. Runde wartete der nächste starke Gegner, nämlich der Bundesligarivale aus Hamburg, der mit exakt den gleichen Spielerinnen an den Start ging, die in der vorletzten Saison Schwäbisch Hall eine empfindliche Bundesliganiederlage zugefügt hatten. Man war also gewarnt. Diesmal gab es aber einen recht glatten 3-1-Sieg, besonders schön die Endspielführung von Meri Arabidze gegen Sarah Papp, die den Sieg endgültig sicherte, nachdem vorher Deimante Cornette gegen Filiz Osmanodja (das “Hand-Double” aus der Netflix-Serie Damengambit) und Karina Ambartsumova gegen Judith Fuchs gewinnen konnten. Damit war die Niederlage von Lela Javakhishvili gegen die Inderin Rout Padmini zu verschmerzen.
In der 4. Runde wartete wieder ein starker Gegner, nämlich die türkische Mannschaft Anatolia Red mit Ekaterina Atalik, einer weiteren Haller Bundesligaspielerin an Brett 1. Diese wurde aber von Lela Javakhishvili, die mit zwei Niederlagen schlecht in das Turnier gestartet war, souverän “entschärft”, es gab ein farbloses Remis gegen die mit Abstand stärkste gegnerische Spielerin. An den restlichen Brettern war Schwäbisch Hall favorisiert, trotzdem waren die Partien eng. Den vorentscheidenden Punkt machte Mannschaftskapitän Deimante Cornette, am Ende erhöhte Lilit Mkrtchian auf 3-1, sie gewann ein völlig ausgeglichenes Endspiel am Ende noch, Remis spielte Meri Arabidze, die ihr besseres Endspiel nach einem Überseher nicht gewinnen konnte.
Morgen geht es mit den restlichen 5 Runden weiter. Aktueller Tabellenführer ist die rumänische Mannschaft aus Timisiora, die allerdings ein Spiel mehr absolviert hat und bisher überwiegend gegen Mannschaften aus der hinteren Tabellenhälfte gespielt hat.
In den anderen Gruppen tut sich die Topfavorit Monte Carlo, quasi die Gastgeberinnen, bisher überraschend schwer. Gegen Tremblay en France gab es für die Truppe um die frischgebackene russische Meisterin und Weltranglistenzweite Aleksandra Goryachkina eine überraschende Niederlage. Ansonsten liegen aber überall die Favoriten vorne.
Alle Partien können hier nachgespielt werden, unter dem Link kann man auch morgen wieder die Partien ab 14:30 live verfolgen. Da Schnellschach gespielt wird, ist für genügend “Action” gesorgt.