(Thomas Marschner)
Der Saisonauftakt für die Schwäbisch Haller Schachdamen ist danebengegangen: gegen ein starkes Hamburger Team setzte es für den ersatzgeschwächten Vizemeister eine glatte und verdiente 1,5-4,5 Niederlage. Im Gegensatz zu Schwäbisch Hall konnten die Hamburgerinnen fast alle Stammkräfte ans Brett bringen, darunter die 3 deutschen Nationalspielerinnen Sarah Hoolt, Filiz Osmanodja und Judith Fuchs, die sich für das nicht so gute Abschneiden bei der Schacholympiade in Batumi vor einigen Wochen rehabilitieren wollten, was auch, wie man unten sieht, eindrucksvoll gelang. Dazu gab die Inderin Rout Padmini ihr Bundesligadebüt für Hamburg am Spitzenbrett.
Für Aufregung sorgte zunächst die ohnehin dieses Jahr verspätungsgebeutelte Fluggesellschaft Eurowings. Petra Papp reiste, da sie ja erst vor 2 Monaten Mutter geworden ist, erst Samstag an, und die Verspätung ihres Flugs aus Budapest wurde Stunde für Stunde immer länger. Der Flug, der eigentlich 10:30 in Stuttgart ankommen sollte, landete am Ende erst um 13:55 mit fast 3,5-stündiger Verspätung. Grund war offenbar die Erkrankung eines Piloten. Bis Petra aus dem Sicherheitsbereich kam, war es 14:10. Mit Einrechnung der 30-minütigen Karenzzeit, die man – eine Besonderheit im Schach – verspätet zur Partie mit entsprechendem Zeitnachteil eintreffen darf, waren damit nur noch knapp 20 Minuten Zeit. Und der Autor dieser Zeilen schaffte es tatsächlich, Petra noch rechtzeitig zum Spielort nach Deizisau zu bringen, aufgrund des leicht verspäteten Beginns der Begegnung reichte die Ankunft um 14:34 noch.
Gespielt wurde diesmal in der Deizisauer Gemeindehalle, in der auch gleichzeitig die Deizisauer Herbstopen ausgetragen wurden.
Petras Partie war einer der wenigen Lichtblicke des Nachmittags: trotz des Zeithandicaps von 30 Minuten und der ganzen Aufregung inklusive langer Wartezeit am Flughafen erreichte sie mit Schwarz ein sicheres Remis gegen Diana Baciu aus Moldawien. Danach lief es aber gar nicht mehr für Schwäbisch Hall: zunächst erinnerte sich Sophie Milliet nicht mehr genau an ihre Vorbereitung und verlor nach taktischem Schlagabtausch gegen Sarah Hoolt, dann verlor auch Karina Ambartsumova gegen Filiz Osmanodja erst den Überblick und dann die Partie, am Ende hatte die deutsche Nationalspielerin die komfortable Wahl zwischen Matt und Damengewinn, sie wählte das sofortige Ende. In den restlichen 3 Partien war auch nicht mehr viel drin. Iva Videnova hielt ihr Turmendspiel gegen Judith Fuchs mit Mühe und Not remis, Jana Zpevakova schaffte selbiges nicht und verlor gegen Alina Zahn. Sabrina Vega Gutierrez versuchte noch lange, ihre Stellung gegen Rout Padmini zu gewinnen, auch das schaffte sie am Ende nicht, aber die Partie wurde ausgekämpft, bis nur noch beide Könige auf dem Brett standen. Insgesamt eine gute Partie von beiden und ein erfolgreiches Bundesligadebüt für die junge Inderin in Reihen der Hamburger.
Im Parallelspiel schlug Deizisau Harksheide 4,5-1,5, die 1,5 Punkte waren aber ein Achtungserfolg der jungen Norderstedter Mannschaft.
Am Sonntag ging es für Schwäbisch Hall gegen Harksheide, dort war man klar favorisiert. Obwohl es gut losging, wurde es doch am Ende noch spannender als der Haller Mannschaftsleitung lieb war. Petra Papp machte mit ihrer Gegnerin wenig Federlesens und war mit ihren 1,5 Punkten aus Schwäbisch Haller Sicht die Spielerin des Wochenendes. Auch Sabrina Gutierrez gewann sicher. Die Stellungen an den anderen Brettern bereiteten doch die ein oder anderen Sorgen. Sophie Milliet hatte gegen Maria Gosciniak einen Bauern ins Geschäft gesteckt, aber richtige Kompensation war nicht zu erkennen, und auch Iva Videnova stand schlecht, und die Stellung von Karina Ambartsumova gegen Carina Brandt war zwar besser, aber noch recht unklar. Aber dann konnte Jana Zpevakova ihre Partie gewinnen, als ihre Gegnerin in ausgeglichener Stellung zu viel wollte und trocken ausgekontert wurde. Als dann Karina auch kurz darauf gewann, war der Kampf entschieden. Die beiden letzten Partien gingen dann tatsächlich verloren, gerade für Ivas Gegnerin Nathalie Wächter ein toller Erfolg: sie gewann dieses Wochenende 2x gegen Gegnerinnen mit über 300 Elopunkten mehr.
Hamburg gewann auch gegen Deizisau 4,5-1,5 und kann als Tabellenführer diese Saison sicher vom Podest oder mehr träumen.
Hier ein paar Fotoeindrücke aus Deizisau:
Jetzt stehen die Haller Damen natürlich unter Druck, möglichst alle restlichen Partien zu gewinnen. Da Meister Baden Baden gegen Bad Königshofen auch nicht über ein 3-3 Unentschieden herauskam, ist eine extrem spannende Saison zu erwarten, in der nach den Ergebnissen des Wochenendes auch Hamburg ein Wörtchen im Titelrennen mitreden wird.
Die Partien aus Deizisau gibt es hier: https://chess24.com/de/watch/live-tournaments/womens-bundesliga-2018-2019/2/1/1
Alle Ergebnisse der Liga gibt es hier: http://nsv-online.de/ligen/fbl-1819/?staffel=1394&r=2
Und nachdem der Sommer dieses Wochenende geradewegs in den Winter überging, hier noch ein paar Fotoeindrücke von der Rückfahrt nach Schwäbisch Hall: