Am kommenden Wochenende entscheidet sich in der Frauenbundesliga, ob die Schwäbisch Haller Damen das zweite Mal nach 2017 deutscher Meister werden. In den letzten Jahren war man immer ganz nah am Titel, musste sich aber jeweils mit Platz 2 hinter Bad Königshofen oder Baden-Baden zufriedengeben.
Zu den letzten drei Bundesligarunden treffen sich im beschaulichen Bad Königshofen in Unterfranken alle 12 Mannschaften der Liga, um das Ligafinale zentral an einem Ort auszuspielen. Gespielt wird im großen Saal des Kurhauses. Alle Partien werden zudem live ins Internet übertragen, zu sehen werden sie unter anderem bei Chess24 sein.
Erstmals in der Frauenbundesliga werden die Forderungen des Weltschachverbands FIDE hinsichtlich der Anti-Cheating-Maßnahmen voll umgesetzt, ein Thema, das in den letzten Monaten im Schach bedauerlicherweise an Aktualität gewonnen hat, und nicht nur auf so kuriose Weise wie kürzlich bei einem Frauenturnier in Kenia, als ein als Frau verkleideter Mann die ersten drei Partien gewinnen konnte, bevor er enttarnt wurde. Die Umsetzung der Anti-Cheating-Maßnahmen ist möglich, da bei der zentralen Endrunde genügend Schiedsrichterinnen anwesend sind, da Personenkontrollen natürlich durch Personen vom gleichen Geschlecht durchgeführt werden müssen. Handys, Smartwatches und andere elektronische Geräte sind im Turniersaal komplett verboten.
Schwäbisch Hall ist als einzige Mannschaft noch verlustpunktfrei, mit einem Punkt Rückstand folgen die SF Deizisau und mit zwei Punkten Rückstand Titelverteidiger OSG Baden-Baden. Bereits aus dem Meisterrennen ausgeschieden ist der Gastgeber und Meister von 2019 und 2021 SC Bad Königshofen. Die Bad Königshofener Damen konnten zwar Baden-Baden die einzige Niederlage beibringen, verloren aber deutlich gegen Deizisau und Schwäbisch Hall.
Die drei führenden Mannschaften treffen in den letzten drei Runden direkt aufeinander, und in diesen Begegnungen wird sich die Meisterschaft entscheiden. Dabei könnte Schwäbisch Hall auch das gute Brettpunktekonto zugutekommen, das bei Punktgleichheit einer oder mehrerer Mannschaften den Ausschlag gibt. Möglicherweise kann man sich daher in den letzten drei Runden sogar eine knappe Niederlage leisten, ohne die Tabellenführung zu verlieren.
Zunächst geht es aber am Samstag ab 14:15 zum Auftakt gegen die Damen des FC Bayern München, mit denen zusammen man als Reisepartner die bisherige Saison bestritten hat. Hier ist ein klarer Sieg Pflicht. Bayern München liegt aktuell auf einem Abstiegsplatz und hat aufgrund des schweren Restprogramms nur noch geringe Chancen auf den Klassenerhalt. Am Sonntag kommt es dann ab 14:00 zum Gipfeltreffen mit Baden-Baden. Es ist zu erwarten, dass der Titelverteidiger in absoluter Topbesetzung antreten wird, um doch noch die Titelverteidigung zu schaffen. Dazu gehören mit den Muzychuck-Schwestern aus der Ukraine, der inzwischen für die Schweiz startenden Alexandra Kosteniuk und der Bulgarin Antonaeta Stefanova gleich vier ehemalige Weltmeisterinnen, dazu kommt neben der Kasachin Zansaya Abdumalik die absolute deutsche Nummer 1 Elisabeth Pähtz, die, wenn Baden-Baden in Bestbesetzung antritt, an Brett 6 spielen würde. Eine solche Mannschaft würde aus 6 Spielerinnen mit dem GM-Titel der Männer bestehen, von denen es insgesamt weltweit nur knapp 40 Spielerinnen gibt, von denen einige gar nicht mehr aktiv sind. Schwäbisch Hall setzt auf seine georgische Achse unter anderem mit der frisch gebackenen Europameisterin Meri Arabidze. Meri Arabidze ist seit der vorigen Saison zu einer absoluten Stütze der Mannschaft geworden. Sie kam diese und letzte Saison in allen Spielen zum Einsatz und ist eine der Topscorerinnen. Insbesondere ihre Kampfkraft imponiert: sogar, wenn Mannschaftskämpfe schon entschieden sind, spielt sie ausgeglichene Stellungen noch auf Gewinn, auch wenn das bis zu 5-6 Stunden dauert, und das meistens erfolgreich. Das war auch der Grundstein für den Gewinn der Europameisterschaft.
Neben den georgischen Spielerinnen geht manchmal die Leistung von Ekaterina Atalik etwas unter, die wie so viele Spielerinnen schon seit dem Bundesligaaufstieg für Schwäbisch Hall spielt. In der letzten Saison gewann sie den Preis für die erfolgreichste Spielerin der Frauenbundesliga, und auch diese Saison ist sie mit bisher 5,5/6 Punkten auf dem besten Weg dahin. Sie spielt meistens nicht so spektakulär wie manch andere Spielerinnen, aber sie gewinnt ihre Partien am Ende, und das sehr oft auch souverän.
In der letzten Runde morgens am 1. Mai ab 9:00 geht es dann noch gegen die SF Deizisau. Hier ist man eigentlich klarer Favorit, doch sollte man die Deizisauer nicht unterschätzen, haben sie doch einige kampfstarke Spielerinnen wie Schach-Streamerin Dina Belenkaya, die aus Bad Königshofen nach Deizisau wechselte, und die ehemalige Haller Spielerin Jovana Rapport in ihrem Kader. Deizsau hat bisher erst ein Unentschieden gegen die Rodewischer Schachmiezen abgegeben. Alle restlichen Begegnungen konnten gewonnen werden, wenn auch häufig knapp.
Ansonsten geht es in den letzten Runden noch um den Klassenerhalt, wobei es für die Mannschaften aus München, Hemer und Erfurt, die aktuell die drei Abstiegsplätze belegen, sehr schwierig wird, die Abstiegsplätze noch zu verlassen.
Schachticker-Preis
Zu guter Letzt gibt es auch diese Saison wieder den Preis des Schachtickers für die beste Spielerin und die beste Nachwuchsspielerin der Liga – hier werden die Nachfolgerinnen von Ekaterina Atalik (Schwäbisch Hall) und Inken Köhler (Harksheide) gesucht. Preise sind wie schon mehrfach in den letzten Jahren Original-Holzschnittarbeiten der Hamburger Künstlerin Elke Rehder, die sich unter anderem schon lange mit Stefan Zweigs Schachnovelle beschäftigt. Einer der Holzschnitte hat auch ein Motiv der Schachnovelle zum Thema. Die Webseite von Elke Rehder, die im Hamburg geboren ist und kurz nach der letzten Runde am 4. Mai ihren 70. Geburtstag feiert, findet man unter dem Link https://www.elke-rehder.de/. Im Rennen um die Preise sind einige Spielerinnen, die den Preis in den Vorjahren schon gewinnen konnten, darunter Titelverteidigerin Ekaterina Atalik und Dina Belenkaya, die vor einigen Jahren gewann. Auch die deutschen Nationalspielerinnen Josefine Heinemann und Elisabeth Pähtz sind unter den Anwärterinnen zu finden. Bei den Nachwuchsspielerinnen ist Inken Köhler auch dieses Jahr wieder vorne dabei.
Es sind 8 Einsätze fürs Gewinnen des Preises nötig. Wie immer entscheiden die Gewinnprozente, und bei Gleichheit entscheidet der höhere Elo-Schnitt der Gegnerinnen.