Bei winterlichen Verhältnissen ging es am Wochenende in der Frauenbundesliga für die Damen des SK Schwäbisch Hall nach Solingen. Dort standen die Spitzenspiele gegen die ebenfalls noch verlustpunktfreien Mannschaften aus Hamburg und Solingen auf dem Programm. Die Anreise litt noch ein wenig unter den Nachwehen des Wintertiefs “Gertrud”, das Mitteleuropa Schnee und Eisregen gebracht hatte, aber am Freitagabend waren alle Spielerinnen mit nur unwesentlichen Verspätungen vor Ort.
Zunächst ging es am Samstagnachmittag gegen den Hamburger SK, und es wurde wie eigentlich fast immer gegen Hamburg knapp und spannend. Ihr Debüt für Schwäbisch Hall gab WFM Katharina Ricken, die aus dem nahen Krefeld die kürzeste Anreise hatte.
Es begann gut für Schwäbisch Hall: Sonja Bluhm griff bei ihrem Hamburger Debüt gleich in der Eröffnung fehl und verlor relativ schnell gegen Sophie Milliet, die nach ihrer letztjährigen Niederlage gegen Hamburg diesmal gar nichts anbrennen ließ. Doch dann wurden die Sorgenfalten der Schwäbisch Haller Verantwortlichen immer größer, obwohl Lela Javakhishvili an Brett 4 großen Vorteil gegen Melanie Lubbe hatte und die Partie später auch gewann. An den vorderen Brettern verfinsterte sich die Lage aber zunehmend. Bela Kotenashvili übersah eine vorteilhafte Abwicklung der erfahrenen polnischen Großmeisterin Monika Socko und konnte das anschließende Endspiel nicht mehr halten. Nino Batsiashvili hatte nach einem scharfen taktischen Hauen und Stechen gegen die junge Ungarin Zsoka Gaal eine Qualität weniger, auch hier war bald nichts mehr zu holen, damit stand es 2-2. Und auch bei Meri Arabidze lief es nicht. Ihre Gegnerin Sarah Papp opferte eine Qualität und bekam dafür ausreichende Kompensation. Und dann verlor die georgische Europameisterin immer mehr den Faden und am Ende die Partie, ein schöner Erfolg für die ehemalige deutsche Nationalspielerin, die aufgrund von Job und Familie eigentlich Schach nur noch als Hobby spielt, aber nach wie vor durchaus auf einem hohen Niveau. Damit gingen die ersten drei Bretter trotz Topbesetzung allesamt verloren, und es lag an Debütantin Katharina Ricken, wenigstens noch das Unentschieden zu retten. Sie spielte gegen die Nachwuchsspielerin Antonia Ziegenfuß, die letzte Saison den Preis als beste Nachwuchsspielerin der Frauenbundesliga gewinnen konnte und unter anderem in Schwäbisch Hall gegen Sophie Milliet gewonnen hatte. Und eigentlich lief die Partie nicht richtig gut für die Neu-Hallerin. Nach der Eröffnung stand sie sehr eingeengt und hatte kaum noch Züge, aber zumindest der Computer fand die Stellung noch okay. Ihre Gegnerin fand dann auch kein Durchkommen, und kurz vor der Zeitkontrolle konnte sich Katharina Ricken befreien und zwei Bauern gewinnen. Das entstandene Endspiel hatte aber aufgrund der ungleichfarbigen Läufer eine hohe Remistendenz. Und die Hamburgerin verteidigte die Stellung lange Zeit sehr genau, ihr ging aber immer mehr die Bedenkzeit aus. Und dann kam fast nachvollziehbar doch irgendwann der entscheidende Fehler der Hamburger Spielerin nach fast 120 Zügen und 6 Stunden Spielzeit. So konnte Katharina Ricken am Ende die Partie noch zum 3-3 Endstand gewinnen, der die Schwäbisch Haller Meisterchancen weiterhin intakt hält, auch wenn man jetzt auf die OSG Baden-Baden einen Punkt Rückstand hat. Natürlich ein tolles Debüt für die 19-jährige Spielerin aus Krefeld.
Im Parallelspiel unterlag Solingen gegen Deizisau nach wechselhaftem Verlauf mit 2-4, das Match hätte durchaus umgekehrt ausgehen können, insbesondere an den hinteren Brettern vergab Solingen einige Chancen.
Am Sonntag ging es für Schwäbisch Hall wie immer früh um 9:00 gegen Solingen. Bei Solingen waren unter anderem die deutsche Meisterin Kateryna Dolzhikova und Annmarie Mütsch, die eine Saison für Schwäbisch Hall gespielt hat und inzwischen im belgischen Brügge studiert, am Start. Hier lief es Schwäbisch Hall deutlich besser als am Vortag. Brett 5 und 6 standen relativ bald auf Gewinn. Katharina Ricken am Samstag noch mit der längsten Partie war diesmal als erste fertig. Sophie Milliet folgte kurz darauf, sie beendete ihre Partie gegen Luisa Bashylina mit einem spektakulären Damenopfer. Damit stand es schnell 2-0. Nino Batsiashvili erhöhte gegen Kateryna Dolzhikova in einem scharfen Königsinder auf 3-0, und als Meri Arabidze gegen Annmarie Mütsch ebenfalls gewann, war der Kampf entschieden. Zuletzt spielten noch Lela Javakhishvili gegen Inna Agrest und Bela Kotenashvili gegen Inna Gaponenko. Lela Javakhishvili nutzte die generische Zeitnot zum Gewinn eines Bauern, der am Ende auch trotz harter Gegenwehr der Schwedin in Solinger Reihen zum Sieg reichte. Bela Kotenashvili, eigentlich mit viel Rückenwind von der erfolgreichen Blitz- und Schnellschach-EM angereist – sie gewann im Blitzschach punktgleich mit der Siegerin Alexandra Kosteniuk Bronze – stand im Endspiel auf verlorenem Posten und verlor dann am Ende auch die zweite Partie des Wochenendes.
Doch die Partie hatte noch ein sehr kontroverses Nachspiel. Zu Beginn der Partie hatte sich Inna Gaponenko kurz im Analysebereich aufgehalten, da sie offenbar etwas mit ihren Kindern zu klären hatte. Dies ist nicht erlaubt – man könnte ja zufällig irgendwelche Partieanalysen mitbekommen. Jedoch wartete die Schiedsrichterin mit der Klärung dieses Vorfalls bis nach Ende der Partie und erklärte Bela Kotenashvili zur Siegerin, auch wenn die Partie am Brett anders ausgegangen war. Auch wenn dieses Vorgehen voraussichtlich von den Statuten gedeckt ist, ist es doch sehr grenzwertig, eine Partie über Stunden laufen zu lassen, um sie danach am grünen Tisch zu entscheiden. Solche Vorfälle sollten, wenn man sich schon dafür entscheidet, dagegen vorzugehen, zeitnah, also direkt nach dem Auftreten, geklärt werden. Es ist abzuwarten, ob der Solinger Protest gegen die Entscheidung erfolgreich ist. Im Sinne des Schachs wäre eine Wertung der Partie wie am Brett gespielt zu begrüßen, obwohl sich Gaponenko natürlich auch nicht korrekt verhalten hat. Aber einen Vorteil hatte sie nicht verschafft, eher wurde sie durch ihre Kinder in ihrer Konzentration gestört. Übrigens sah es sogar ihre Gegnerin genauso. Man wird also sehen, ob Schwäbisch Hall gegen Solingen mit 5-1 oder 6-0 gewonnen hat.
Im Parallelspiel zeigte Hamburg eine weitere sehr starke Leistung und schlug Deizisau hoch mit 5-1. Den Deizisauer Ehrenpunkt machte Elena Köpke gegen Sarah Papp.
An den anderen Schauplätzen der Frauenbundesliga gab es Favoritensiege. Baden-Baden gewann in Norderstedt glatt gegen Harksheide und Kiel und ist jetzt als einzige Mannschaft verlustpunktfrei. Im Abstiegskampf schlug Harksheide Karlsruhe mit 5-1 und verließ die Abstiegsränge. Außerdem trennten sich Karlsruhe und Kiel 3-3, ein Ergebnis, was eigentlich keinem der beiden hilft.
In Leipzig punkteten die Gäste aus Bad Königshofen und Rodewisch gegen die Gastgeber und Löberitz, knapp war es zwischen Leipzig und Bad Königshofen, die Franken gewannen knapp mit 3,5-2,5. Weiter geht es in der Frauenbundesliga am 23. und 24. März, dann wird in Deizisau, Karlsruhe und Rodewisch gespielt. In Karlsruhe treffen Baden-Baden und Hamburg zum Spitzenspiel aufeinander, in Deizisau geht es für Deizisau und Schwäbisch Hall gegen Leipzig und Löberitz.
Im Schachtickerpreis für die beste Spielerin und die beste Nachwuchsspielerin der Liga gibt es erste Tendenzen, auch wenn sich in der zweiten Saisonhälfte natürlich noch einiges tun wird, es stehen ja auch noch die ein oder anderen Spitzenspiele an. Bei 100% steht Josefine Heinemann (Baden-Baden) mit 4/4 genau wie Machteld van Foreest (Solingen), schauen wir mal, wie oft beide noch zum Einsatz kommen. Beim Nachwuchspreis ist auch “Titelverteidigerin” Antonia Ziegenfuß (Hamburg) nach wie vor gut im Rennen mit 4,5/6, auch wenn sie am Wochenende ihre erste Saisonniederlage quittieren musste.
Partien und Ergebnisse und Tabelle der Frauenbundesliga